Budi dio naše mreže
Izbornik

Nationaldirektor der Seelsorge für Kroaten im Ausland Tomislav Markić - Predigt

Bleiburg (IKA)

Bleiburg, Pfarrkirche, 13. Mai 2022.

Gedenktag der Mutter Gottes von Fatima: Apg 13, 26-33; Joh 14, 1-6

Einleitung

Wir sind heute in der Pfarrkirche Bleiburg versammelt, um für alle Opfer des Zweiten Weltkriegs und nach dem Zweiten Weltkrieg zu beten, und besonders für diejenigen unseres Volkes, die nach Kriegsende ohne Gericht getötet und spurlos versteckt wurden. Lasst uns auch für die Opfer aller anderen Nationen beten, denn wir sind Glieder des einen und desselben Volkes Gottes, das auf unterschiedliche Weise, ob man es anerkennt oder nicht, dem Schöpfer, dem Allerhalter und dem Allherrscher gehört.

Ich danke der Diözese Gurk-Klagenfurt, besonders ihrem Hirten, Bischof Mons. Josef Marketz und dem Ortspfarrer Mons. Ivan Olip, für diese eucharistische Gastfreundschaft und Teilnahme am gemeinsamen Gebet sowie für die Gelegenheit, dem Gott ein dankbares Opfer und das Gebet für unsere Verstorbenen darzubringen, deren Leiden an diesem Ort begann und mit all seiner Stärke auf dem Kreuzweg fortgesetzt wurde, auf dem viele als Opfer der Rache der kommunistischen Revolution getötet wurden, welche die Kriegssieger durchgeführt haben.

Ich grüße Sie alle, die hier anwesend sind, sowie Sie alle, die durch die Medien mit uns verbunden sind, alle, die in irgendeiner Weise von dieser großen Tragödie unseres Volkes betroffen sind, und lade Sie ein, mit Würde und in Frieden an dieser Feier der Erinnerung an das Leiden, den Tod und die Auferstehung Christi teilzunehmen, die uns auch Sinn, Kraft und Hoffnung für die Zukunft gibt.

Wir möchten unsere Gebete in aller Demut und Reue vor Gott, dem Herrscher der Zeit und der Geschichte, dem Richter der Lebenden und der Toten, einer Quelle der Vergebung und Versöhnung, bringen.

Predigt

Liebe und verehrte Brüder und Schwestern,

Heute feiert die Kirche den Gedenktag der seligen Jungfrau Maria von Fatima, zu Ehren der Muttergottes, die an diesem Tag im Jahr 1917 begann, den Kindern Lucia, Franziskus und Jacinta in Fatima in Portugal zu erscheinen. Diese private Offenbarung hat sich in der ganzen Welt verbreitet, zwei junge Seher wurden zum hundertsten Jahrestag der Erscheinungen zu Heiligen erklärt, und der Inhalt der Botschaften der Muttergottes hallt bis heute in den Herzen der Gläubigen wider.

In Fatima nannte sich die Muttergottes „Mutter Gottes vom Heiligen Rosenkranz“, und sie sagte den kleinen Hirten gegen Ende des Ersten Weltkriegs: “Betet jeden Tag den Rosenkranz, um den Weltfrieden und das Ende des Krieges zu erbeten”. In den Ereignissen von Fatima haben wir auch jenes schöne Gebet geerbt, mit dem jeden Gesätzchen des Rosenkranzes endet: „O mein Jesus, verzeih’ uns unsere Sünden. Bewahre uns vor dem Feuer der Hölle. Führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen.”

Heute beten wir dieses Gebet für die Opfer aller Kriege, besonders für jene, die in der großen Tragödie unseres Volkes getötet wurden, welche im Zweiten Weltkrieg begann und nach seiner Vollendung in diesen Gebieten fortgesetzt wurde, sowie auf dem Kreuzweg der Rückkehr ziviler und militärischer Gefangener, auf dem viele getötet und in Massengräbern, Gräben und Gruben an den bekannten und noch unbekannten Orten begraben wurden.

Lasst uns beten, dass Gott uns vor dem Feuer der Hölle bewahren möge, das wir mit einer gottlosen Lebensweise riskieren: und zwar durch Widerstand gegen Vergebung und Versöhnung, durch Verurteilung und Hass auf andere und anderes, und Suche nach Rache und Vergeltung, durch Durchsetzung unserer eigenen Interessen auf Kosten anderer, durch kein Mitgefühl für das Leiden anderer, durch Missachtung weder unseres Lebens noch des Lebens anderer und auf so viele andere Arten. Das Böse ist schlau und lockt und verführt uns auf unterschiedliche Weise in seine höllische Umarmung.

Lasst uns daher heute vom Gebet Fatimas inspiriert beten und dass Gott alle Seelen in sein Paradies bringt, damit sie in Gott Frieden finden mögen und zwar alle Lebenden und alle Toten, alle die gewaltsam getötet wurden und aus natürlichen Gründen gestorben sind, alle Gerechte und besonders diejenigen, die am meisten der Barmherzigkeit Gottes bedürfen, die Sünder sind. Die Gnade der Bekehrung beginnt damit, unsere eigene Sündhaftigkeit anzuerkennen und Vergebung von denen zu suchen, die wir verletzt haben. Wenn das Böse schlau ist, sind Liebe und Gottes Barmherzigkeit noch viel einfallsreicher und finden ihren Weg in die Herzen der Menschen.

Wir alle brauchen Gottes Barmherzigkeit. „Barmherzigkeit ist der Weg, der Gott und Mensch vereinigt, denn sie öffnet das Herz für die Hoffnung, dass wir, trotz unserer Begrenztheit aufgrund unserer Schuld, für immer geliebt sind“ (Papst Franziskus, Misericordiae vultus, 2). Je eher wir das große Bedürfnis nach Barmherzigkeit in unseren Lebenssituationen und in unserer Gesellschaft erkennen, desto eher werden die Früchte der Umkehr und Gerechtigkeit zum Vorschein kommen.

Viele dürsten angesichts des erlebten Bösen und der erlittenen Ungerechtigkeit, des begangenen Verbrechens und des Mangels an Reue der Täter zu Recht nach Gerechtigkeit, welche richtige Beziehungen zwischen Menschen wiederherstellen würde. „Es gibt Verbrechen, die so entsetzlich und grausam sind, dass den Täter leiden zu lassen nichts bringt, um verspüren zu können, dass der Schaden wiedergutgemacht wurde“, lehrt uns Papst Franziskus in der Enzyklika über Brüderlichkeit und sozialen Freundschaft “Fratelli tutti” und kommt zu dem Schluss: “Rache ist keine Lösung.” (Nr. 251), „aber Gerechtigkeit wird nur aus Liebe zur Gerechtigkeit selbst, aus Respekt vor den Opfern, zur Verhinderung weiterer Verbrechen und zur Wahrung des Gemeinwohls wahrhaft gesucht, nicht als vermeintliche Entladung des eigenen Zornes. Vergebung ist genau das, was es ermöglicht, Gerechtigkeit zu suchen, ohne in den Teufelskreis der Rache zu geraten oder der Ungerechtigkeit des Vergessens zu verfallen (Nr. 252).“

Und es ist kein Zufall, dass Papst Franziskus kroatische Bischöfe und ihren Brief zum 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in diesem Dokument zu genau diesem Thema zitiert: „Wie die Bischöfe Kroatiens lehrten, »schulden wir jedem unschuldigen Opfer den gleichen Respekt. Hier darf es keine ethnischen, konfessionellen, nationalen oder politischen Unterschiede geben“ (Nr. 253).

Beten wir daher gemeinsam mit Papst Franziskus im Geiste der Lehre der Kirche von der Barmherzigkeit, dass Gott über alle, besonders über diejenige, die durch Ungerechtigkeit und Böse verwundet wurden, den Balsam seiner Barmherzigkeit ausgießt, um die Wunden der Spaltung und Zwietracht zwischen den Menschen, die Wunden des Nicht-Akzeptierens der Vergebung und der Reue, die Wunden der Auferlegung seiner eigenen Interessen den anderen und der Manipulation mit den historischen Ereignissen, sowie Interpretationen und Haltungen ausschließlich in Übereinstimmung mit ihren eigenen ideologischen Ausgangspunkten und Mustern, zu heilen. Nur die Barmherzigkeit macht die Geschichte zu einer Heilsgeschichte.

Wir sehen, liebe Brüder und Schwestern, dass wir uns inmitten dieser und ähnlicher Tragödien befinden, die im 20. Jahrhundert sowohl kroatischem Volk als auch anderen Völkern der Welt angesichts des Geheimnisses des Bösen widerfahren sind, das besonders in Kriegen und Nachkriegsereignissen, oft, immer neue, schlimmere und hässlichere Erscheinungsformen findet, wie wir es im anhaltenden Krieg in der Ukraine im Leiden so vieler unschuldiger Menschen erleben.

Aber im Gegensatz zum Geheimnis des Bösen wird in den Herzen der Friedensstifter und wahren Gläubigen Christi das Geheimnis des Guten geboren, das seinen Ausdruck in der Bereitschaft zur Vergebung und Versöhnung findet. Der Friede, auch der soziale, ist die Frucht der Gerechtigkeit, aber auch der Liebe und unserer Bereitschaft, die zugefügten Ungerechtigkeiten zu vergeben und Vergebung für die Ungerechtigkeiten zu suchen, die wir anderen angetan haben.

Nur so wird es möglich sein, die Vision des heiligen Papstes Johannes Paul II. zu verwirklichen, die er uns mit der Feier des Großen Jubiläums im Jahr 2000 geschenkt hat, in der es um die Notwendigkeit ging, das historische Gedächtnis und die Erinnerung zu reinigen, durch die die Kirche „nicht von der Pflicht, zutiefst die Schwachheit so vieler ihrer Söhne zu bedauern, die das Antlitz der Kirche dadurch entstellten, dass sie sie hinderten, das Abbild ihres gekreuzigten Herrn als eines unübertrefflichen Zeugen geduldiger Liebe und demütiger Sanftmut widerzuspiegeln“ (Tertio millennio adveniente, 35). „Da ist vor allem das Zeichen der Reinigung des Gedächtnisses: es verlangt von allen einen mutigen Akt der Demut, nämlich die Verfehlungen zuzugeben, die von denen begangen wurden, die den Namen Christen trugen und tragen“ (Incarnationis mysterium, 11).

Die biblischen Lesungen, die uns heute verkündet wurden, senden uns auch wichtige Botschaften. So erklärt der heilige Paulus in der ersten Lesung seinen Landsleuten in Antiochia, dass Jesus hingerichtet wurde: „Obwohl sie nichts fanden, wofür er den Tod verdient hätte…“ (Apg 13,28). Sowohl heute als auch im Laufe der Geschichte wurden viele ohne guten Grund getötet und teilten somit, einige ohne es zu wissen, das Schicksal mit Jesu. Verschiedene Pilats exekutierten aufgrund der Interessen von jemandem eine Vielzahl unschuldiger Menschen ohne Verurteilung oder Schuld. Und damals, wie heute rufen wir mit dem hl. Paulus: „So verkünden wir euch das Evangelium“ (Apg 13,32): Gott ist der Herr über Leben und Tod, Gott ist der Sieger über den Tod. Gott gibt mit dem Tod seines Sohnes jedem menschlichen Tod den Sinn und den Bestimmungsgrund, in welchem Leiden er auch immer erlitten wird: das ewige Leben.

Derselbe Gott lehrt uns in seiner Offenbarung, dass sein Sohn Jesus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist (vgl. Joh 14,6) und dass er das Kriterium ist, durch das das Leben gerettet und ewig erlangt wird: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan” (Mt 25,40) und löscht damit die Grenzen von Nationen und Rassen, Religionen und Konfessionen, Militärs und Armeen, Parteien und Ideologien, Tätern und Opfern und verkündet als einziges Heilskriterium, die zum Ausdruck gebrachte Nächstenliebe: ausgestreckte Hand, geteiltes Brot, heilende Nähe und Überwindung der Angst.

Deshalb finden auch wir in den Worten des heutigen Evangeliums Kraft und Trost: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen“ (Joh 14,1-2). Wir glauben, dass dies bei all denen der Fall ist, für die wir das Grab hier auf Erden nicht kennen und für die wir hier in der Nähe des Ortes, an dem sie zuletzt lebend gesehen wurden, beten.

Liebe Brüder und Schwestern, beten wir heute hier dafür, dass unser kroatisches Volk stärker, solidarischer und geeinter aus all‘ dem Leiden, den Trennungen und den Versuchungen hervorgeht und dass es das Gemeinwohl und den Konsens über die Grundwerte und Ziele sucht und fördert. Wir beten auch für unsere Auswanderer und ihre Nachkommen, die einen bedeutenden und großen Teil unseres Volkes ausmachen, dass sie durch ihre Fähigkeiten, ihr Wissen, ihren Einfluss und alle anderen Mittel zum Fortschritt und Wohlstand unserer Heimat beitragen.

Wir beten auch für die Menschen in diesem benachbarten und befreundeten Land Österreich und besonders in Kärnten, die Zeugen des Krieges und des Nachkriegsleidens waren, und viele selbst Opfer der unmenschlichen Regime des 20. Jahrhunderts wurden. Wir beten auch für unsere Nachbarn, Slowenen, Bosniaken, Montenegriner und Serben, Ungarn und Italiener, von denen viele auch im Wirbelsturm des Zweiten Weltkriegs und danach umgekommen sind. Mit allen haben wir einen Teil der gemeinsamen Vergangenheit, die manchmal belastend und herausfordernd war, aber wir glauben, dass wir mit ihnen, indem wir uns gegenseitig respektieren und unsere eigenen Besonderheiten und unsere Eigenständigkeiten schätzen, auch eine gemeinsame europäische Zukunft teilen, die von Frieden, gutnachbarschaftlicher Zusammenarbeit und Solidarität geprägt wird.

Bleiburg möge daher ein Ort der Berufung zum Dialog und zur Versöhnung sein und bleiben, ein Ort der würdigen Erinnerung an die Opfer einer Zeit, die hinter uns liegt, von dem wir aber Botschaften und Lehren für die Zukunft ziehen müssen: nie wieder Krieg und Töten, nie wieder den eigenen Willen mit Gewalt und Zwang ausführen, nie wieder darf der Mensch aufhören, Mensch und Bruder zu sein. Zusammen mit dem Dichter Tin Ujević dürfen wir heute nur wenige Verse aus seinem Gedicht Pobratimstvo lica u svemiru (Geschwisterlichkeit der Gesichter im Universum) wiederholen, die uns sagen wollen, dass wir alle Teil einer Menschheit, Teil derselben menschlichen Spezies sind und gleiche Hoffnungen, Ängste und Wünsche teilen:

“Hab keine Angst! Du bist nicht allein! Es gibt auch andere,

die dir unbekannt dein Leben leben.

Und alles, was du warst, hörtest und träumtest,

brennt in ihnen mit der gleichen Inbrunst, Schönheit und Reinheit.

(…)

Oh Universum! Ich lebe und sterbe in allen;

Namenlos beharre ich in meinen Geschwistern.”

Und das letzte sei das Wort des Gebets, des Gebets an die Muttergottes von Fatima, deren Gedenktag wir heute feiern:

Die Heiligste Jungfrau Maria, die treueste Königin, unsere Mutter und Anwältin, wir ehren dich heute, an deinem Gedenktag, um unser Vaterland und alle Länder, unser Volk und alle Nationen der Welt deinem reinen Herzen anzuvertrauen und hinzugeben. Mit deinem Herzen bitten wir von dem barmherzigen Herzen unseres Erlösers Jesus Christus um den Schutz, die Vergebung und das Geschenk des Friedens, um in Sicherheit, Gerechtigkeit und Freiheit zu leben, um der Gottlosigkeit und weltlichen Begierden zu entsagen und vernünftig, gerecht und ehrfürchtig in der gegenwärtigen Welt für die selige Hoffnung auf ewige Erlösung zu leben.

In der Liebe und Fürsprache deines Herzens, Königin, legen wir jedes Kind, jeden jungen Mann, jedes Mädchen, jeden Familienvater und jede Mutter, Großvater und Großmutter! Wir vertrauen dir jede Ordensfrau, jeden Ordensmann und Priester an. Sei du die Mutter der Weisheit für alle, die für unsere Gegenwart und Zukunft verantwortlich sind. Erbitte für uns von Gott zahlreiche und heilige geistliche Berufungen! Königin des Friedens, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes und lass alle unsere Verstorbenen in den ewigen Frieden eintreten, in die Freude des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Amen.