Istina je prava novost.

76. Jahrestag der Bleiburger Tragödie – Predigt des Bischofs Križić in Udbina

Predigt des Bischofs von Gospić-Senj Zdenko Križić bei der Messe, die er am Samstag, dem 15. Mai, zum 76. Jahrestag der Bleiburger Tragödie auf dem Platz vor der Kirche der kroatischen Märtyrer in Udbina feierte.

Unsere Heimat ist flächenmäßig zwar nicht groß, es gibt jedoch zu viele Orte, die uns als große Hinrichtungsstätten unseres Volkes in Erinnerung geblieben sind. Viele dieser Orte hätten es verdient, an ihnen den Opfern unseres Volkes in seiner schwierigen Geschichte zu gedenken, denn wir befanden uns auf der Windseite und am Scheideweg der Welten, wo Großmächte zusammenstießen und der höchste Preis regelmäßig von unserem Volk gezahlt wurde.

Da das regelmäßige Gedenken in Bleiburg nicht stattfinden kann, hat die Kroatische Bischofskonferenz Udbina oberhalb von Krbava-Feld als Gedenkstätte für die Opfer von Bleiburg und dem Kreuzweg gewählt, da hier in gewisser Weise der Beginn der schweren Leiden unseres Volkes und seines Kreuzweges war. Das Krbava-Feld bedeckt Gebeine vieler Opfer, unserer Vorfahren, die im Kampf für das Ehrenkreuz und die goldene Freiheit gefallen sind.

Es ist nicht möglich, die gesamte Reihe der Leiden unseres Volkes in den darauffolgenden Jahrhunderten seit der Schlacht von Krbava aufzuzählen. In der Erinnerung unseres Volkes nimmt das Leiden, das in Bleiburg begann und an vielen Orten auf dem Weg von Bleiburg aus, den wir “Kreuzweg” nennen, andauerte, einen besonderen Platz ein.

Die Gebeine vieler Menschen sind in verschiedenen bekannten und unbekannten Höhlen im ganzen Heimatland und auch außerhalb verstreut, und die Gebeine, die in einigen dieser Grabstätten exhumiert wurden, warten immer noch in Säcken auf ihre endgültige Ruhe.

Viele von uns haben auch eine frische Erinnerung an das Leid unseres Volkes während des Heimatkrieges und den Kampf um die Freiheit, die wir seit Jahrhunderten nicht mehr hatten. In den neunziger Jahren blutete unser gesamtes Heimatland, die Zahl der Vertriebenen und Flüchtlinge erreichte die Grenze der Ausdauer, Friedhöfe füllten sich und wurden erweitert, und leider wird immer noch darauf gewartet, dass dort viele sterbliche Überreste würdevoll begraben werden, für welche wir gar nicht wissen, wo sie sich befinden.

Die Kirche der kroatischen Märtyrer wurde gebaut, um alle Opfer unseres Volkes im Laufe ihrer Geschichte zu vereinen. In dieser Kirche werden auf besondere Weise die Erinnerungen an die drei schlimmsten Wunden unseres Volkes hervorgehoben: die Schlacht von Krbava, Bleiburg und Vukovar.

Unser großer Bildhauer, Akademiker Kuzma Kovačić, präsentierte diese drei tragischen Szenen aus unserer Geschichte im Presbyterium dieser Kirche.

Diese Kirche ist allen kroatischen Märtyrern gewidmet, sowohl denen, die von der Kirche offiziell als Heilige oder Selige gesprochen wurden, als auch denen, die nicht offiziell heiliggesprochen wurden, aber als unschuldige Opfer menschlicher Grausamkeit starben. Dies ist ein Ort des Gebets und des Dankes für alle Opfer unseres Volkes, die die Nachkommen niemals vergessen dürfen.

Dies ist kein Ort, an dem wir einen Fluch, Gottes Zorn oder Gottes Strafe für irgendjemanden herbeirufen. Dies ist kein Ort, um Hass oder Rache an den Verbrechern oder den Völkern, denen sie angehörten, zu schüren. Das wäre eine Entweihung unserer Opfer und dieses heiligen Ortes.

Hass bringt niemals Segen und die Zukunft baut nicht darauf auf. Der Mensch wächst nicht einmal mit dem Hass auf den Teufel, wie eine kroatische Dichterin schrieb, weil der Hass seinen Wohnsitz in dem hat, der hasst, und er vergiftet ihn und führt ihn zu irgendeiner Form von Fluch. Es gibt nichts Gefährlicheres für die Seele, als Hass in sich selbst zu pflegen.

Der selige Miroslav Bulešić, ein Nachkriegsopfer des kommunistischen Hasses gegen die Kirche, schrieb in seinem Tagebuch, dass die Vergebung seine Rache am Hass sei. Dies ist der beste und einzige Weg für einen Jünger Jesu.

Wir kommen nicht an diesen Ort, um eine Parade vorzuführen, jemanden zu provozieren, sondern um Zeugnis abzugeben, wie Gottes Liebe den Hass überwindet, wie Vergebung alles Böse überwindet. Wir dürfen unsere Opfer nicht vergessen, dürfen sie aber keinesfalls rächen. Das würde unsere Opfer ein zweites Mal töten.

Dies ist der Ort, an dem wir den Herrn bitten, alle Opfer in seine Arme aufzunehmen: sowohl die Unschuldigen als auch die, die mit Schuldgefühlen belastet sind. Wir dürfen die Verbrecher an den Opfern nicht von unseren Gebeten ausschließen, denn wenn jemand beschließt, ein Verbrechen zu begehen, ist dies ein Zeichen dafür, dass er viel Leid trägt, dass seine Seele leer ist, dass sein Herz vergiftet ist, dass sein Verstand überwältigt von Dunkelheit ist und nicht weiß, was er tut. Deshalb betete Jesus zum himmlischen Vater für seine Peiniger und betonte, dass sie nicht wissen, was sie tun, weil sie in der Dunkelheit leben.

Nur wenn wir Jesus nachfolgen und vergeben, können wir durch Fürsprache unserer Märtyrer auf Gottes Segen zählen.

Deshalb sind wir hier, um zu beten und zu vergeben. Dies wurde von unserem Meister Jesus getan. Märtyrer sind das treueste Bild des Märtyrers Jesus. Unsere Märtyrer laden uns ein, Jesus hier für sie zu danken, weil Jesus ihnen in ihren Leiden und ihrem Martyrium am nächsten stand.

Wir feiern hier Jesus, den König der Märtyrer. Wir übergeben ihm alle, die Opfer von Hass geworden sind. Wir sprechen hier niemanden heilig, wir beten nur für all jene Menschen, die ohne Gerichtsverfahren und ohne Schuldbeweis hingerichtet wurden. Wir beten sowohl für die Unschuldigen als auch für die Sündigen und überlassen das endgültige Urteil dem Gott, dem gerechten Richter.

Es ist erstaunlich, dass es heute viele Menschen gibt, die unser Gebetstreffen und die Eucharistie, die wir für die Opfer von Bleiburg und dem Kreuzweg bringen, verurteilen. Wir erinnern uns, was Kardinal Puljić zu ertragen hatte, der an diesem Tag vor einem Jahr in Sarajevo die Heilige Messe feierte und für diese Opfer betete!

Was für Beleidigungen wurden ausgesprochen! Tatsächlich kam es auf eine erfundene und böswillige Anschuldigung an: Diese Heilige Messe sei eine Verherrlichung des Ustascha-Regimes. Das sagen die Menschen, die nicht verstehen, was heilige Messe ist oder was es bedeutet, heilige Messe zu feiern und für die Toten zu beten.

Dem Messkanon zufolge wird für die Toten gebetet, und das ist unvermeidlich. Keiner der Verstorbenen darf ausgenommen werden. Es gibt keine verstorbene Person, für die es nicht erlaubt ist, zu beten und die heilige Messe zu feiern. Das Feiern der Heiligen Messe für den Verstorbenen hat nicht die Bedeutung, die Verstorbenen zu feiern und zu verherrlichen. Nur Gott wird in der Messe gefeiert und verherrlicht. Es wird für die Verstorbenen gebetet, unabhängig davon, ob ein Verstorbener vorbildlich oder ein großer Sünder war. Diese Urteile sind dem Gott überlassen.

Das Problem ist, dass einige, die sicherlich keine Gläubigen sind, das Gebet für bestimmte Menschen verbieten möchten. Vor allem für die Opfer von Bleiburg. Sie sehen die Opfer von Bleiburg fast ausnahmslos nur als Verbrecher. Für sie sind die Verbrecher alle Soldaten, die sich dort befanden, und nicht nur sie, sondern alle Zivilisten, einschließlich Frauen und Kinder. Und so kommen sie zu dem absurden Schluss: Die Kirche verherrlicht Verbrecher. Wie Ideologie die Vernunft verblenden kann!

Wir wissen, dass der kroatische Staat alle Soldaten der feindlichen Armee im Heimatkrieg von der Strafverfolgung verschont hat, die keine Verbrechen begangen haben. So sollte es sein. Dies sind die Werte der Zivilisation des 21. Jahrhunderts. Es ist interessant, dass viele die Errungenschaften der heutigen Zivilisation auf kroatische Soldaten und sogar Zivilisten aus dem Zweiten Weltkrieg ausnahmsweise nicht anwenden wollen. Die These, dass jeder von ihnen ein Verbrecher war, wird auch heute noch aufgezwungen. Nichtsdestotrotz gelten die gleichen Kriterien nicht für diejenigen, die unmittelbar nach dem Krieg getötet haben. Obwohl bekannt ist, dass die Rache im Programm dieser Ideologie stand und dass die Morde ohne Gerichtsverfahren geplant und durchgeführt wurden.

Deshalb ist es erstaunlich, dass es auch heute noch einige gibt, die diese Verbrechen relativieren oder sogar viel Verständnis und vielmehr Rechtfertigung für sie finden. Kann eine solche Einstellung im 21. Jahrhundert normal sein? Wir haben alle die skandalöse Aussage eines Parlamentsabgeordneten gehört, der sogar behauptete, dass die wilde Tötung nach dem Krieg nicht gründlich durchgeführt wurde, das heißt. dass es noch viel mehr Tote hätte geben sollen, oder sogar, alle hätten getötet werden sollen. Es scheint, dass bei einigen spirituellen Söhnen dieser verbrecherischen Ideologie der Wunsch zu töten immer noch sehr lebendig ist. Es ist noch seltsamer, dass solch eine monströse Aussage fast stillschweigend hingenommen wurde. Die Mainstream-Medien haben leider ein großes Verständnis für solche Aussagen gezeigt.

Viele können diese Opfer unseres Volkes ohne Konsequenzen anspucken, so dass es so weit geht, dass es verboten wäre, zu Gott für sie zu beten, als ob die Hingerichteten keine Menschen wären.

Deutsche Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg haben ihren sehr gepflegten Friedhof in Zagreb und in allen europäischen Ländern, einschließlich Russland. Und das stört niemanden. So sollte es sein. Es ist eine humane Handlung gegenüber den Opfern, und das Christentum betrachtet sie als einen Akt der Barmherzigkeit. Die biblische Gestalt Tobias wird von Gott dafür gelobt, dass er die Toten heimlich begraben hat, die von der Obrigkeit getötet wurden und ihre Leichen auf die Höhlen verstreut wurden. Allen großen alten Zivilisationen war gemeinsam, den Toten ein würdiges Begräbnis zu geben.

Währenddessen wird in unserem Land, wenn es um den allkroatischen Grab geht, in dem die Gebeine der Opfer unseres Volkes, die sich in Säcken in verschiedenen Kellern befinden, würdevoll begraben werden sollen, von manchen Menschen fast als Verbrechen angesehen. Es drängt sich die Frage auf: In welcher Zivilisation befinden wir uns?

Ich sage das alles nicht mit der Absicht, die Verbrechen zu rechtfertigen, die von den Angehörigen unseres Volkes begangen wurden. Auf keinen Fall! Ein Verbrechen ist ein Verbrechen, wer auch immer es begangen hat und wo immer jemand es begangen hat. Es ist aber auch ein Verbrechen, wenn nur das Verbrechen einer Partei verurteilt und das Verbrechen der anderen Partei relativiert oder gerechtfertigt wird. Es ist kein Weg zur Wahrheit, der Vergebung und der Versöhnung.

Jedes Verbrechen schreit zum Himmel, vom ersten in der Bibel Beschriebenen, wenn Kain seinen Bruder tötet, bis zu jedem Nächsten.

Leidensorte von Menschen, insbesondere den Zivilisten, werden später in der Regel zu Wallfahrtsorten. Opfer überleben Verbrecher. Unschuldige Opfer bleiben auch nach dem Mord am Leben. Diese Opfer leben in der Erinnerung und im Bewusstsein der Menschen, unabhängig davon wie die Erinnerung an sie unterdrückt wird.

Opfer können sorgfältig vertuscht werden, ihre Gebeine können von einem Ort zum anderen umgebettet werden, um die Spur zu verwischen, aber es funktioniert nicht. Die Opfer werden sich einmal melden, unabhängig davon wie tief die Gruben waren.

Das Blut der Opfer hört nicht auf, zum Himmel zu schreien, vom Ersten in der Geschichte der Menschheit, Abel, bis zu jedem nächsten. Einige Opfer mögen die Menschen vergessen, aber Gott kann es nicht. Und Kain, der seinen Bruder getötet hatte, dachte, er hätte alles perfekt gemacht, es gab keine Zeugen, alle Spuren wurden weggefegt. Aber er erkannte bald, dass dies nicht der Fall war. Es gibt jemanden, der alles gesehen hat: Gott. Er sagt zu ihm: „Hör zu! Das Blut deines Bruders schreit von der Erde zu mir.”

Das Blut des Opfers schweigt nie, sondern schreit ständig, um das Verbrechen zu verurteilen. Wenn die Verbrecher keine Reue zeigen, werden sie ihr ganzes Leben lang von den Rufen und Schatten ihrer Opfer verfolgt. Es wird sie verfolgen und sie werden niemals Frieden haben.

Nachdem Kain seinen Bruder tötete, lebt er in einer schrecklichen Angst, die ihn verfolgt. Er beschwert sich bei Gott, dass jeder, der ihm begegnet, ihn töten wird, obwohl wir niemanden sehen, der ihn bedroht. Er wird von dem Bösen bedroht, das er in sich trägt. Die Bedrohung kommt zu ihm, nicht von außen, sondern von innen.

Brüder und Schwester, wir dürfen die Menschen, die uns Schaden zufügten, nicht verfluchen, denn nur das Böse, das jemand tut, öffnet ihm die Tür zu einem Fluch.

Zu Kain, der seinen Bruder getötet hat, sagt Gott: “Verflucht sei auf Erden” (Gen 4,11). Nicht dass Gott ihn verflucht, sondern Gott stellt nur seinen Zustand fest: Er ist verflucht für das Böse, das er begangen hat. Er wird von seinem Bösen verflucht.

Deshalb müssen wir für diese Menschen beten, denn so hat uns Jesus gelehrt. Er betete vom Kreuz für diejenigen, die ihn gekreuzigt hatten. Er wird den Schülern auch von der Liebe zu Feinden und der Notwendigkeit erzählen, für diejenigen zu beten, die sie verfolgen. Dies gibt menschliche Größe.

Wir sehen, es ist nicht einfach, Christ zu sein, ein Jünger Jesu zu sein. Das ist Heldentum. In der Logik Jesu sind diejenigen groß, die lieben, nicht diejenigen, die hassen; diejenigen, die vergeben, nicht diejenigen, die sich rächen; diejenigen, die retten und nicht diejenigen, die töten.

Brüder und Schwester, es ist viel besser, ein Opfer zu sein als ein Verbrecher. Es ist viel besser, unter jemandem zu leiden, als die Ursache des Leidens für einen anderen zu sein. Einige werden diese Aussage vielleicht nicht mögen, aber es ist Gottes Logik und das Leben bestätigt, dass sie wahr ist. Die Menschen erinnern sich an die Opfer und sympathisieren mit ihnen, nicht mit den Tätern.

Es hat immer Verbrecher gegeben und wird es sie leider immer geben. Jesus erwähnt im Gleichnis vom barmherzigen Samariter nicht in einem einzigen Wort die Räuber, die den Mann halb tot gelassen haben. Jesus weiß, dass Räuber immer waren und immer sein werden.
Jesus lenkt Aufmerksamkeit auf den barmherzigen Samariter. Die größte Tragödie einer Nation ist nicht die Anwesenheit von Verbrechern und Räubern (jede Nation hat solche), sondern der Mangel an barmherzigen Menschen, der Mangel an Menschen, die wissen, wie man anhält und das Leiden anderer mitfühlt und etwas für sie tut.

Im Gleichnis haben wir gehört, dass die Betonung darauf liegt, dass sowohl der Priester als auch der Levit für das Leiden dieses Mannes verantwortlich sind. Nicht weil sie etwas Böses getan haben, sondern weil sie versäumt haben, Gutes zu tun. Gleichgültig an Leiden vorbei zu gehen und nichts zu tun, und das ist eine Art Verbrechen.

Trotz der unzähligen Opfer, die wir im Laufe unserer Geschichte gebracht haben, sind wir als Nation nicht gescheitert. Aber wenn uns an Barmherzigkeit, Liebe und Solidarität mangeln sollte, glaube ich nicht, dass wir eine Zukunft haben können. Es ist kein Zufall, dass Jesus als Zeichen für das Ende der Welt sagte, dass dies sein wird, wenn sich die Liebe abkühlt.

Während wir heute für alle Opfer des Kreuzweges unseres Volkes beten, beten wir zu Gott, dass unserem Volk heute nicht die barmherzigen Menschen ausgehen, Menschen, die wissen, wie man sich mit dem Leiden anderer mitfühlt, die mit Liebe und Aufopferung wissen, wie man die Wunden pflegt, die viele an Seele und Körper tragen. Amen.