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Zadarer Erzbischof Msgr Želimir Puljić, der Vorsitzende der Kroatischen Bischofskonferenz: Die Entscheidung, die etwas was zum Wesen der Kirche gehört, verbietet, ist „politisch instrumentalisiert“

Zagreb (IKA)

Das Gespräch wurde am 15. Mai 2019 in „Katolički Tjednik“ veröffentlicht

Es waren tragisch verunglückten Zivilisten und Mitglieder des kroatischen Militärs, welche die englische Armee in Bleiburg entwaffnete und den Titos Partisanen ausgeliefert hat, die zum „damnatio memoriae“ verurteilt wurden. Ihr Gedenken war Jahrzehnte lang nicht erlaubt.

Der Erzbischof von Zadar Želimir Puljić besitzt einen ausgesprochen reichen Lebenslauf, aus dem einige Abschnitte besonders wichtig sind:

  • am 24.März 1974 war er in Rom zum Priester der Diözese Mostar-Duvno geweiht worden,
  • am 7.Dezember 1989 wurde er durch Papst Johannes Paul II zum Bischof von Dubrovnik ernannt,
  • am 15.März 2010 wurde Bischof Puljić durch Papst Benedikt XVI zum Erzbischof von Zadar instaliert,
  • Puljić wurde am 14.November 2012 für den Vorsitzenden der Kroatischen Bischofskonferenz erwählt, am 10.Oktober 2017 wurde er in diesem Amt noch einmal bestätigt.

Die breite Öffentlichkeit erlebt ihn als eine Person, die bereit und offen ist über viele gesellschaftliche Themen zu reden. Da er voriges Jahr die Eucharistiefeier auf dem Bleiburger Feld zelebrierte, und die Umstände dieses Jahr am Vorabend des 74. Jahresjubiläums der Tragödie von Bleiburg verschiedenste Interpretationen und Reaktionen hervorrufen, ist er eine kompetente Person, die über dieses Problem reden kann. Erzbischof Puljić beantwortete gerne auf die Fragen von „Katolički tjednik“.

 

Herr Erzbischof, obwohl die Bleiburger Gedenkfeier voriges Jahr praktisch ohne Inzidente abgelaufen ist, wurde aus der Diözese Gurk-Klagenfurt der Kroatischen Bischofskonferenz ein Brief geschickt in dem steht, dass den kroatischen Bischöfen streng verboten wird die heilige Messe in Bleiburg zu feiern.

Was steht, Ihrer Meinung nach hinter dieser unerwarteten Entscheidung?

 

Ich möchte über die Motive und Gründe dieser Entscheidung der Diözese Gurk-Klagenfurt nicht spekulieren. Ihre Aussage war, dass „die Eucharistiefeier am Feld bei Bleiburg zu einem Teil der Manifestation geworden ist, die politisch instrumentalisiert wird“ und, dass „in der Feier die Distanz gegenüber der faschistischen Ideologie fehlt.“

HBK (Kroatische Bischofskonferenz) brachte sofort ihr tiefes Missverständnis mit dieser Entscheidung und Meinung der Kärtner Kirche zum Ausdruck und lehnte alle Gründe, die in dieser Entscheidung angeführt wurden, zur Gänze ab.

 

In dieser Angelegenheit ist die Rolle des Verwalters der erwähnten Diözese Engelbert Guggenberg sehr kontrovers. Er behauptet, dass die Bedingungen, die der damalige Kärtner Bischof Alois Schwarz, um die Erlaubnis zu bekommen, gestellt hat, „in größtem Maße nicht erfüllt sind“. Was ist Ihr Eindruck?

 

Ihr Eindruck über die „Verwirrung wegen der kontroversen Entscheidung“ des diözesanen Verwalters Msgr. Engelbert Guggenberg ist richtig. Mir persönlich tut es leid, dass mit dieser Entscheidung ein schlechtes Bild über Österreich, vor allem über Kärnten entsteht, weil wir dem österreichischen Volk für all das Gute und Schöne, was sie für unsere Leute getan haben, dankbar sind. Auch heutzutage gibt es zehntausende von unseren Landsleuten, die hier arbeiten und leben. Sie bauen Österreich auf und gleichzeitig unterstützen sie finanziell und ernähren ihre Familien in Kroatien und BiH.

Außerdem können und dürfen wir nicht die außerordentliche Aktion, in der ersten Linie der Kärtner Bevölkerung, und anschließend ganz Österreich, unter dem Namen „Nachbar in Not“ (gegründet am 26.Mai 1992) ins Leben gerufen hat, vergessen. Dank dieser wunderbaren Aktion der BürgerInnen und Glaubigen von Kärnten, sind unsere Leute, die bedroht und von zu Hause vertrieben wurden während des Heimatkrieges (1991-1995), nicht unversorgt geblieben. Keinem mangelte es an etwas und keiner ist vor Hunger verstorben.

Dem muss man hinzufügen, dass die Erzdiözese Vrhbosna-Sarajevo seit 2004 der Partner der Diözese Gurk Klagenfurt ist. Deshalb tut es mir sehr leid, dass diese Entscheidung über „das Verbot der Gedenkfeier“ die jahrhundertjährigen guten Beziehungen zwischen den ÖsterreicherInnen und KroatInnen belasten wird.

 

Kann man sagen, dass diese Entscheidung und allgemein die Atmosphäre, die in Österreich in Bezug auf Bleiburg geschaffen wurde, die politischen Umstände in Kärnten beeinflussen, in dem die Linken an der Macht sind? Oder glauben Sie, dass die österreichische nazistische Vergangenheit auch mit dem Fall zu tun hat?

Ich kann nicht über die Details und die Gründe der Entscheidung des Diözesanverwalters aus Klagenfurt sprechen. Wir haben sofort unseren Unmut mit seiner Entscheidung geäußert, aber wir werden sie respektieren. Wir können uns nicht dem Eindruck entziehen, dass die Entscheidung, die der Kirche etwas verbietet was ihrem Wesen gehört, wie z.B. das Gebet für die Verstorbenen, eigentlich „politisch instrumentalisiert“ ist. Es waren tragisch verunglückten Zivilisten und Mitglieder des kroatischen Militärs, welche die englische Armee in Bleiburg entwaffnete und den Titos Partisanen ausgeliefert hat, die zum „damnatio memoriae“ verurteilt wurden. Ihr Gedenken war Jahrzehnte lang nicht erlaubt.

Bleiburg ist so zu einer Metapher und zu einem Symbol für das Leiden und Töten unserer zahlreichen Landsleute ohne gerichtliches Urteil geworden, es ist ein klassisches Beispiel des Kriegsverbrechens gegenüber der Menschlichkeit. Darüber durfte man unter dem Kommunismus ein halbes Jahrhundert nicht sprechen, geschweige denn öffentlich für sie beten. Dazu ließen die kommunistischen Behörden zahlreiche Massengräber „der feindlichen Soldaten“ „umpflügen und betonieren“. Damit haben sie noch ein zutiefst inhumanes Verbrechen begangen. Nach dem Fall der Berliner Mauer und der kommunistischen Diktatur begann man über dieses Thema zu forschen, nach den Massengräbern der Getöteten am Ende des II.Weltkrieges zu suchen und für ihr Seelenheil die Gottesdienste abzuhalten. Informationen zu Folge wurden bis jetzt ca. 1700 Massengräber entdeckt.

 

Herr Erzbischof, meinen Sie, dass die Idee des Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, des Wieners Erzbischofs Christoph Schönborn, einen Ausschuss zwischen den österreichischen und den kroatischen Historikern zu bilden, helfen könnte, dass sich beide Länder gemeinsam mit den historischen Fragen, wie z.B. Bleiburg auseinandersetzen?

 

Die Idee und der Vorschlag von Kardinal Schönborn ist gut und notwendig, wenn man sich mit den geschichtlich, ungelösten Problemen und Fragen wissenschaftlich auseinandersetzen will. Bis vor 25 Jahren wurde Europa durch den „eisernen Vorhang“ auf den kommunistischen und westlichen Block „der freien Völker“ geteilt. Über so eine Idee konnte man damals noch nicht sprechen. In der neuen Situation und mit den neuen Beziehungen innerhalb der Staaten, vor allem innerhalb der EU, kann man über die unklaren Fragen frei und offen diskutieren. Es ist eine kritische Distanz und die Verurteilung totalitärer Systeme notwendig, die im 20. Jahrhundert in Europa gewütet und geherrscht haben und im Namen der bestimmten Ideen und Ideologien schreckliche Verbrechen gegen die Menschheit begangen haben. Österreich und Kroatien, zwei befreundete Länder, die lange Zeit in der Geschichte verbunden waren, könnten einen wichtigen und positiven Beitrag im Verhältnis zu  Nazismus, Faschismus und Kommunismus aufzeigen, vor allem wenn es um  gemeinsame Projekte der zukünftigen Arbeit und des Lebens in der EU geht. Wir tragen nämlich ein reiches Erbe der „gemeinsamen Monarchie“ mit verschiedenen Völkern und Kulturen, für die man in gewisser Weise behaupten kann Vorgänger des heutigen vereinten Europas zu sein.

 

Ich habe die Atmosphäre in Österreich schon erwähnt; die Mehrheit der Medien war dafür, dass man die Gedenkfeier am Bleiburger Feld verbietet. Aber auch einige kroatische Medien haben diese Idee unterstützt. Warum ist es noch immer so, dass man drei Jahrzehnte nach dem Fall des Kommunismus über Bleiburg nicht gerne spricht?

 

Ich habe zwei Mal die Gedenkfeier in Bleiburg (2003 und 2018) geleitet. Beim ersten Mal kam der Vorschlag vom Direktor für die ausländische Kroatenseelsorge. Die Bischöfe sollten der Eucharistiefeier wegen der Feierlichkeit, der Würde und der Wichtigkeit der Feier, vorstehen. Es gab bestimmte Probleme und Schwierigkeiten in der Organisation und in der Leitung der Liturgie. Wir haben diesen Vorschlag angenommen und so begannen die Bischöfe dieser Gebetsversammlung vorzustehen. Als Vorsitzende des Rates der Kroatischen Bischofskonferenz (HBK) und der Bischofskonferenz von Bosnien und Herzegowina (BK BiH) für die ausländische Seelsorge habe ich 2003 die Einladung die Feier in  Bleiburg zu leiten, angenommen. Voriges Jahr hatte der Direktor für die ausländische Kroatenseelsorge den burgenländischen Bischof Msgr. Živković eingeladen und er hat angenommen. Als dieser aber sah, dass der Ordinarius aus Klagenfurt in Bezug auf die Feier einige Bemerkungen hatte, wurde er „ängstlich“ und hat aufgegeben. Der Direktor bat mich in der letzten Minute einzuspringen. Voriges Jahr habe ich zum zweiten Mal die Messfeier in Bleiburg gehalten. Es ist lobenswert wie man voriges Jahr bei der Feier den Opfern der Bleiburger Tragödie gedachte. Großer Dank galt der Kärntner Polizei bei der ich mich am Ende der Messfeier herzlich bedankte.

 

Am Ende wird die Gedenkfeier anlässlich des 74. Jahresjubiläums der Bleiburger Tragödie am 18.Mai am Loibacher Feld stattfinden. Herr Erzbischof, was ist Ihre Botschaft an die Bleiburger Pilger?

 

Ich freue mich, dass auch dieses Jahr die Gedenkfeier anlässlich des 74. Jahresjubiläums der Bleiburger Tragödie abgehalten wird. Es tut mir sehr leid, dass viele Pilger, Familien und Freunde der Opfer auf dieses Treffen belastet mit schon erwähnten Schwierigkeit kommen werden. Sie Fragen nach meiner Botschaft. Zuerst möchte ich, dass die Reisenden und Pilger sich betend und singend auf dem Weg machen. Nahezu alle für die auf dem Loibacher Feld gebetet wird, haben kein Grab oder Kreuz mit ihren Namen. Ihre Familien, Nachkommen und Freunde sind das einzige „lebendige Denkmal“ für ihr Martyrium. Deshalb ist es notwendig ihnen zur Ehre die Seele und das Herz für dieses geistliche Treffen und die Gedenkfeier vorzubereiten. Unser großer und unvergesslicher Freund, der heilige Papst Johannes Paul II, hat anlässlich der Vorbereitung für die Feier des Großen kirchlichen Jubiläums im Jahre 2000, die Christen aufgefordert, für dieses Jubiläum „ihr Gedächtnis reinigen“ zu lassen, und zwar von den bösen Gedanken und Gefühlen gegenüber denen, die uns das Böse angetan haben. Er sagte, dass die „Reinigung des Gedächtnisses“ nicht bedeutet, die Vergangenheit zu vergessen, sondern dass man sich an die vergangenen, schwierigen und schmerzhaften Ereignisse auf „gereinigte Weise“ erinnern sollte. Dabei helfen die Vergebung gegenüber denen, die uns Böses angetan haben und die Reue für die eigenen Sünden und für die Sünden unseres Volkes und unserer Kirche. So sind Christen auf dem guten Weg sich vom Bösen zu befreien und nicht mehr dessen Sklaven sein. Deshalb mögen die Reisenden und Pilger Richtung Bleiburg mit der reinen Seele und dem reinen Gedächtnis mit den Liedern und Gebeten entgegen schreiten verbunden im Gebet mit den Opfern der Bleiburger Tragödie.